Erdgasspeicher Rehden wird transparenter - aktuell zu 69 Prozent gefüllt

2022-09-09 21:25:13 By : Mr. Benjamin Ma

Der Erdgasspeicher Rehden hatte sich eine Zeitlang abgeschottet, nun informierte Betreiber Astora Einwohner der Gemeinde über die neuen Entwicklungen. Der Füllstand des Speichers liegt bei 69 Prozent (Stand: 2. September), die bis zum 1. November anvisierten und geforderten 95 Prozent zu erreichen, sei durchaus realistisch, sagt Betriebsleiter Arkadius Binia.

Rehden – Früher gab es immer mal wieder die Möglichkeit, die beeindruckenden Anlagen des Erdgasspeichers in Rehden zu besichtigen. Als die Gazprom-Germania-Tochter Astora den Speicher 2015 übernahm, änderte sich das. Durch extern bedingte Umstände sei man in den vergangenen Jahren sehr zurückhaltend gewesen, beschrieb es Betriebsleiter Arkadius Binia während des Infotags am Freitag, an dem alle Interessierten die Möglichkeit hatten, an einer der Führungen über das Betriebsgelände teilzunehmen. Zahlreiche Einwohner der Region nutzten dieses Angebot im Laufe des Tages. „Es ist ein Tag der Freude für uns. Jetzt sind wir wieder da, wo wir schon mal waren“, verdeutlichte Binia, dass ihm Transparenz gerade in diesen Zeiten wichtig ist.

Transparenz und Information hat auch für Rehdens Samtgemeindebürgermeister Magnus Kiene, der mit einigen Samtgemeinderatsmitgliedern vor Ort war, große Bedeutung. Die Menschen der Region bräuchten Aufklärung. Er hob positiv hervor, dass die Bundesregierung „klare Kante“ gezeigt und den Gasspeicher-Betreiber in die zunächst bis Jahresende laufende Treuhänderschaft der Bundesnetzagentur übergeben hatte.

Wie Geschäftsführer Eduard Schmitke erläuterte, hat sich der Schwerpunkt des Handelns beim Speicherbetreiber in den vergangenen Monaten verschoben. Ging es früher vornehmlich darum, den Erdgasspeicher wirtschaftlich zu betreiben, stehe heute die Sicherstellung der Versorgung in Deutschland, aber auch für die europäischen Kunden im Fokus.

In dieser Hinsicht ist der Gasspeicher auf einem guten Weg. Am 2. September betrug der Füllstand 69 Prozent. Täglich würden 23 Millionen Kubikmeter Erdgas eingelagert, erläuterte Arkadius Binia den Besuchern. Die sieben Verdichter, die den Druck des angelieferten Gases erhöhen und es in die Tiefe pumpen, liefen am Maximum. Woher genau das aktuell von den Kunden gelieferte Gas stammt, kann er nicht sagen, aufgrund der Qualität vermutet er aber den Nordseeraum (Norwegen) oder LNG (Flüssiggas).

Nach Binias Einschätzung ist es durchaus realistisch, dass der Speicher bis zum 1. November den geforderten Füllstand von 95 Prozent erreicht – sofern die Gaslieferung so konstant wie in den vergangenen Monaten bleibt. Zwei Wochen, vom 12. bis 24. September, wird sie in jedem Fall unterbrochen, denn dann steht eine langfristig geplante Wartung des Speichers an, während der kein Gas bewegt werden darf.

Während der gut halbstündigen Führungen, die den ganzen Tag über angeboten wurden, erläuterten die Mitarbeiter, wie das angelieferte Gas tief in die Erde und wieder heraus kommt. Vor der Einspeisung wird es mit Filtern gereinigt und mithilfe der sieben Verdichter auf maximal 280 bar verdichtet. Das entspricht laut Binia dem natürlichen Druck, der auch während der Erdgasförderung in der Lagerstätte herrschte. Bevor es nach der Auslagerung weitertransportiert werden kann, wird dem Gas mithilfe von Glykol das Wasser entzogen, das es im Speicher aufgenommen hat, und es wird gekühlt. Denn in der Lagerstätte herrscht laut Binia eine Temperatur von gut 70 Grad.

Der Betriebsleiter erläuterte auch, wie der Erdgasspeicher Stück für Stück modernisiert und optimiert wird. So werden beispielsweise derzeit sukzessive die Abspereinrichtungen der etwa 2000 Meter in die Tiefe reichenden Bohrungen ausgetauscht, die verhindern, dass Gas austritt, und die inzwischen ihre maximale Lebensdauer beinahe erreicht haben. Außerdem wird ein Netz von Messstationen installiert, das per Lasertechnik minimale Mengen Erdgas in der Luft erkennt. So können selbst kleinste Undichtigkeiten in der Anlage, die laut Binia nie ganz ausgeschlossen werden können, noch besser ausgemacht werden. Der Grünen-Ratsherr Matthias Jansen fragte nach negativen geologischen Auswirkungen durch die Nutzung der Lagerstätte. Binia hält das für unwahrscheinlich. Es handele sich bei dem Porenspeicher um festes Gestein, Bodenbewegungen seien noch nie registriert worden.

Die Mitarbeiter des Erdgasspeichers erlebten in den vergangenen Monaten zum Teil ein Wechselbad der Gefühle, wie Arkadius Binia am Rande auf Nachfrage berichtete. Zu Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hätten sich einige Mitarbeiter dumme Kommentare von ihren Mitmenschen anhören müssen, seien gefragt worden, warum sie noch für ein russisches Unternehmen arbeiteten. Zu schweren Anfeindungen sei es aber nie gekommen, betont er. Trotzdem sei es für einige Mitarbeiter emotional nicht leicht gewesen. Doch alle hätten zusammengehalten und seien geblieben. Seit die Bundesnetzagentur die Treuhänderschaft übernommen hat und der Rehdener Gasspeicher als wichtiger Baustein der Versorgungssicherheit wahrgenommen wird, sind zur Freude des Betriebsleiters auch die dummen Sprüche verstummt.

Der Erdgasspeicher Rehden ist mit einer Arbeitsgaskapazität von rund vier Milliarden Kubikmetern auf einer unterirdischen Fläche von rund acht Quadratkilometern der größte Porenspeicher in Westeuropa. Aus der natürlichen Erdgaslagerstätte wurde seit den 1950er-Jahren von Wintershall Erdgas produziert. Danach wurde sie zu einem Speicher umfunktioniert und 1993 in Betrieb genommen. In ihr kann laut Astora der Jahresverbrauch von rund zwei Millionen Einfamilienhäusern gelagert werden.