Kreis Konstanz: Von wegen Endstation: Wie stillgelegte Bahnhöfe in unserer Region zu neuem Leben erwachen | SÜDKURIER

2022-08-12 22:14:57 By : Ms. Celina Tang

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Als vor fast 155 Jahren, am 13. Juni 1863, die Badische Hauptbahn nach 25-jähriger Bauzeit mit dem Abschnitt Waldshut-Konstanz vollendet wurde, standen entlang der Strecke repräsentative Bahnhöfe und aus heutiger Sicht romantische Streckenwärterhäuschen. Letztere werden heute gerne als Feriendomizile genutzt. Erstere haben mit dem Siegeszug der Lastwagen ihre Bedeutung für den Güterverkehr verloren, viele Fahrgäste wechselten auf das eigene Auto.

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So trennte sich die Deutsche Bahn im Zuge von Modernisierung und Rationalisierung von vielen Bahnhofsgebäuden oder riss sie ab. So geschehen in Hegne und Markelfingen. Doch damit war die Geschichte der noch bestehenden Bahnhofsgebäude nicht zu Ende. Ihre neuen Eigentümer schreiben sie weiter.

Das Thema Reisen spiegelt sich sowohl beim Bahnhof Allensbach als auch am Seehas-Haltepunkt Markelfingen wider. In Allensbach nutzt nach dem Rückzug der Bahn die Gemeinde das Gebäude seit dem Jahr 2001 für das Kultur- und Verkehrsbüro. Außerdem beherbergt es ein passendes Schmuckstück: das Mühlenweg-Museum.

Es erinnert an den Kaufmann und Forschungsreisenden Fritz Mühlenweg, der nach dem Ersten Weltkrieg zunächst mit Sven Hedin für die damalige Luft Hansa durch die Mongolei reiste. Wichtiger als die Erkundung von Flugrouten wurden Mühlenweg die Begegnungen mit den Menschen im Fernen Osten. Seine Erlebnisse schrieb er später an seinem neuen Wohnort Allensbach in mehreren Büchern nieder, die um das Jahr 1950 zu preisgekrönten Bestsellern wurden.

Am Allensbacher Bahnhof begannen auch seine vielen Lesereisen durch Deutschland, wie Kulturamtsleiterin Sabine Schürnbrand erzählt. Ein Foto aus dem Archiv der Eisenbahnfreunde zeigt einen Fahrplan aus der Zeit der Dampfloks. Ihm zufolge brauchte man damals für die Strecke Waldshut-Konstanz sechseinhalb Stunden. Heute sind es im günstigsten Fall 79 Minuten. 

Schon wenige Minuten nach Reisebeginn in Allensbach erreichte der Erfolgsautor in Markelfingen einen schönen Fachwerk-Bahnhof.

Wie der Allensbacher Bahnhof stammte er aus den Anfangszeiten der Bahnverbindung Waldshut-Konstanz, die 1863 eingeweiht wurde. Umgeben war dieses Gebäude von einem großen Garten, ein Toilettenhaus bot auch Raum für das Kleinvieh des Bahnhofsvorstands, erzählt Erich Moser, der heute 81-jährige Sohn des letzten Markelfinger Bahnhofsvorstands Jakob Moser.

Erich Moser ist im Bahnhof aufgewachsen und verdiente als Kind mit der Güterauslieferung ein Taschengeld.

Heute steht an der Stelle des Mitte der 1960er Jahre abgerissenen Bahnhofs ein moderner Neubau. Als die Stadt Radolfzell die Touristinfo in einem auf den Grundmauern des alten Bahnhofs errichteten nüchternen Zweckbaus schloss, griff der neue Eigentümer Hermann Repnik zu. Statt das leere Gebäude dem Vandalismus auszusetzen, riss er es ab und errichtete ein Radhotel mit Gastronomie. 

Der Schriftzug „Stockach“ hängt heute noch in schwarzen Buchstaben am Bahnhofsgebäude.

Die Zeit, in der es mit Zügen und Fahrkarten zu tun hatte, ist aber schon seit Jahrzehnten vorbei. Vor rund 150 Jahren fuhren die ersten Züge auf der Bahnlinie Stockach/Radolfzell. Aus dieser Zeit stammt auch das Bahnhofsgebäude. Im September 1982 wurde die Bahnlinie eingestellt.

Sie wurde erst 1996 wieder eröffnet. Fahrkarten gibt es aber am Automat – das markante Gebäude hat nichts mehr mit der Bahn zu tun.

Die Firma Concept aus Bahlingen kaufte es, nachdem es lange leer stand. Nach der Kernsanierung zog zunächst für ein paar Jahre ein Sportgeschäft ein. 2005 wechselte der Mieter. Seither hat die in Stockach ansässige Modefirma Kenny S. dort eine Kombination aus Filiale und Outlet. Beides in denselben Räumen sei eine besondere Situation, sagt Geschäftsleiter Torsten Kruse. Die Firma sieht das historische Gebäude als bestmöglichen Standort an: „Die hohen Räume sind ideal für Mode.“ Das Postgebäude schräg gegenüber ist ein anderes historisches Objekt, das ebenfalls saniert wurde. (löf)

Dort, wo früher Menschen im Bahnhof auf die Züge warteten, weil schlechtes Wetter herrschte, wird nun gebüffelt. Im Gottmadinger Bahnhof, der ehemals auch eine Gaststätte integriert hatte, befindet sich nach umfangreichen Innenbau-Arbeiten ein Schulungszentrum des Singener Unternehmens Personaplan samt weiteren Räumen.

Ein privater Investor hatte zuvor einen Kaufvertrag mit der Deutschen Bahn abgeschlossen. Die Gemeinde Gottmadingen sicherte sich ebenfalls einen Teil des Bahngeländes. "Dadurch können wir selbst Einfluss nehmen, wie wir das Gelände gestalten können, wie neue Parkplätze schaffen", schildert Matthias Kossmann vom Gottmadinger Hauptamt. Inzwischen hat der Investor auch die Fassade des Gottmadinger Bahnhofes grundlegend erneuert, so dass ein "Schandfleck", wie Bürgermeister Michael Klinger den Gottmadinger Bahnhof immer nannte, nun beseitigt ist. (bit)

Die Stadt Engen hat vor einigen Jahren den Bahnhof in Eigentum gebracht. „Der Kaufvertrag mit der Deutschen Bahn war für uns wichtig. So gibt es nun wesentlich bessere Möglichkeiten, den Bahnhofsvorplatz neu zu gestalten, da wir das selbst in der Hand haben“, berichtet der Engener Bürgermeister Johannes Moser. Einen Großteil der Räume habe die Stadt an die Bahn vermietet, wie im Untergeschoss für Betriebsräume. Eine Wohnung wurde vermietet. Die seit vielen Jahren betriebene Gaststätte öffnet auch nach dem Kauf des Bahnhofs durch die Stadt Engen. (bit)

Ein besonderes Kuriosum gibt es in der Nutzung des früheren Binninger Bahnhofs, der 1966 stillgelegt wurde, als die Randenbahn ihre letzte Fahrt beendet hatte.

Der Bahnhof ist nun ein zentrales Gebäude der Segelfliegergruppe Binningen. Dort befindet sich das Clubheim des Vereins als beliebter Treffpunkt der Vereinsmitglieder und Bewohner von Binningen und Nachbarorten. "Geselligkeit wird hier groß geschrieben", betont Hans-Peter Hauser, der bei den Binninger Segelfliegern aktiv ist und sich dort auch als Platz- und Gerätewart engagiert.

Der Binninger Bahnhof ist Eigentum der Gemeinde Hilzingen. Sie hat ihn an die Segelfliegergruppe Binningen verpachtet. Auch in Storzeln gibt es einen alten Bahnhof, der privat bewohnt wird. 

In Hilzingen hat die Gemeinde als Eigentümerin das Erdgeschoss Vereinen für Veranstaltungen, wie an Fasnacht, zur Verfügung gestellt, im Obergeschoss wohnt eine syrische Flüchtlingsfamilie. Einen früherer Lagerraum der Bahn nutzen ebenfalls Vereine.

"Viele Menschen haben es bedauert, dass der Betrieb der Randenbahn eingestellt wurde. Sie sollte ursprünglich bis über den Randen nach Blumberg geführt werden", schildert der ehemalige Hizinger Bürgermeister Franz Moser. Die Randenbahn hatte ihren Betrieb schon längst eingestellt, als Moser sein Amt antrat. Start und Endstadtion war der heutige Tengener Stadtteil Beuren am Ried. Dort steht noch der Lokschuppen. Im Bahnhof befindet sich heute eine Wohnung. (bit)

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