Barcelona: 48 Stunden und ein Halleluja - reisen EXCLUSIV

2022-07-09 04:24:02 By : Ms. Mary Wei

Sind Städtetrips in Pandemiezeiten eigentlich zeitgemäß? Kurzflugreisen im Klimawandel noch politisch korrekt? Vielleicht sind sie das nicht, doch für immer zu Hause zu bleiben, kommt nicht nur für reisen EXCLUSIV-Autorin Simone Sever nicht infrage. Um ehrlich zu sein, in den letzten Monaten ist uns die Decke einfach zu häufig auf den Kopf gefallen. Wir müssen mal raus. 48 Stunden neue Eindrücke sammeln – ein spanisches Stoßgebet! 

Endlich wieder Koffer packen! Ich muss mal was anderes als nur meine eigenen vier Wände, mein Treppenhaus, meine Nachbarschaft sehen. Ich wage es. Durchgeimpft und mit allen notwendigen Vorsichtsmaßnahmen nehme ich mein Leben in die Hand und fliege davon. Barcelona, ich komme! Und das nicht unvorbereitet, denn in meinen 48 Reisestunden möchte ich das Maximum an spanischer Lebensart genießen, die Lungen mit frischer Mittelmeerluft füllen und meine Seele füttern.

Manchmal braucht es Klischees, die erfüllt werden müssen. Dinge, die einem sogleich in den Kopf kommen, wenn man an bestimmte Städte und Länder denkt. Paris zum Beispiel, wem würde da nicht sofort der Eiffelturm einfallen? Bei Italien türmt sich vor meinem inneren Auge ein Teller dampfende Pasta auf (wobei ich aber keinesfalls das wunderschöne und heißgeliebte Italien auf ein paar Nudeln reduzieren möchte). Bei Spanien kommt mir der Stierkampf in den Sinn, aber den mag ich nicht. Und weil gleich hinter den Toreros die Flamencotänzer und Tänzerinnen in meinem Kopf herumtanzen, hab ich auf meinem Smartphone bereits die Tickets einer Flamenco-Show gespeichert.

Das Tablao Cordobes an der berühmten La Rambla, der etwa 1,2 Kilometer langen Promenade im Zentrum der katalanischen Hauptstadt, empfängt mich mit maurisch-spanischem Interieur und authentischer Küche, denn vor der Show wartet ein ausladendes Buffet mit allerlei spanischen Delikatessen von Serrano und Salami über Paella bis zur zuckersüßen Crema Catalana.

Ein Glas Cava, dieser prickelnde spanische Sekt, und die Flamenco-Show beginnt. Zugegeben – ich muss mich erst einmal hineinfinden, in die energiegeladene Dynamik. Zu ruhig war es in der letzten Zeit auf meinem heimischen Sofa. Es braucht einen kurzen Moment, auch um den Geräuschpegel zu justieren, den vor allem Schuhe und Hände im Gleichtakt erschaffen. Doch dann bin ich ganz gefangen in der Welt des »Cante«, des Gesangs und der »Guitarra Flamenca«, die die Tänzerinnen und Tänzer melodiös begleiten, die mal dramatisch, dann schnell und bald so sanft wie eine zarte Berührung erklingen. Tänzerinnen drehen sich, werfen ihre rüschengesäumten Kleider und ihre Stolen, die mit roten Blumen bestickt sind, in die Luft. Tänzer, so aufrecht wie Toreros. Alle erzählen Geschichten von Liebe und Schmerz, von Stolz und Würde und nehmen mich mit in eine Welt, weit weg von Corona. Ganz vorsichtig und natürlich mit Abstand und mit Maske atme ich die Luft der weiten, wunderbaren Welt ein, die fast in Vergessenheit geraten war.

Das wohl außergewöhnlichste Gebäude der Stadt, die immer noch nicht fertiggestellte Kathedrale Sagrada Família, liegt nur wenige Schritte von meinem Hotel entfernt. Dieses spektakuläre Bauwerk, das 1882 von Antoni Gaudí, dem wohl berühmtesten Architekten der Stadt, begonnen wurde, zieht wirklich alle Blicke auf sich. Gleich um die Ecke, so hatte es mir mein Taxifahrer bei der Fahrt vom Flughafen verraten, gibt es seiner Meinung nach die allerbesten Churros in der »Xurreria Sagrada Família«. Die muss ich probieren! Ich starte den Tag also auf eine besonders süße Art und Weise – mit dem spanischen Schmalzgebäck in der einen und einem Kaffee in der anderen Hand und nehme Platz auf einer Bank im kleinen Park mit direktem Blick auf die unvollendete Kathedrale.

Es ist windig in der spanischen Hafenstadt und die geplante Tour mit der Cable Car zum Montjuïc, Barcelonas höchstem Berg, ist abgesagt. Ich lasse mich treiben, vorbei an Palmen, deren Kronen Schattenkunstwerke auf alte Gemäuer werfen, an uralten Kirchen, an kleinen Plätzen mit tierischen Skulpturen und faszinierend schönen Hausfassaden, von deren Balkonen gern mal die frisch gewaschene Wäsche im Wind flattert. Die Stadt hat so viel Schönheit zu bieten, die einfach am Wegesrand zu entdecken ist, und sie ist so völlig anders als meine vier weißen Wände daheim auf mich wirken. Der Markt »Sant Josep La Boqueria« zieht beinahe magisch hinein in seine stählerne Halle und lockt zudem mit einem verführerischen Angebot an knackigen Äpfeln, Erdbeeren, Melonen, Kirschen, Avocados … Süßem, Salzigem, Scharfem – Serrano, Salami und allerlei Meeresgetier – von silbrig schimmernden Fischen über Gambas, Austern … ein appetitanregendes kulinarisches Schlaraffenland.

Zeit für einen verdienten Lunch im Els Quatre Gats, das in einer Seitenstraße des gotischen Viertels liegt und einst Treffpunkt der Künstler des Modernisme, der katalanischen Jugendstilform, war. Hier hat bereits Pablo Picasso gesessen und gegessen und stellte sogar erstmalig seine Kunst aus. Nun nehme ich hier Platz in einer Atmosphäre, die mit meinem Zeitempfinden spielt. Irgendwie würde es nicht verwundern, säße Picasso am Nebentisch. Alles scheint noch genauso auszusehen wie vor über 100 Jahren. Hinter der Bar lädt das Restaurant zum Speisen ein. Flinke Kellner versorgen sogleich mit den Speisekarten, die noch heute Picassos Zeichnung ziert. Die Karte liest sich klassisch und deftig, der Knoblauchduft der Aioli hängt in der Luft. Gambas, Sardinen, Seeteufel … das Meer hat viel zu geben und auch wenn nicht mehr die modernistischen Bohemiens angeregte Diskussionen über Kunst führen, das Publikum lohnt ganz sicher eine kurze Sozialstudie.

Man kann wohl behaupten, dass Pablo Ruiz Picassos Erfolgsstory in Barcelona begann, was einen Besuch des Picasso Museums geradezu zur Pflicht macht. Auf dem Weg durch die Altstadt und das Ribera-Viertel preist bereits ein Picasso Supermercato an, dass die Richtung stimmt. Die Schlange am Museumseingang ist lang, meine digitale Eintrittskarte ermöglicht mir den schnelleren Zutritt, der Guide wartet bereits und ich verliere mich schnell in den frühen Werken des Künstlers.

Gerade mal eine Stunde Zeit bleibt mir, um eine Kleinigkeit zu essen, bevor das Abendprogramm startet. In der Arrosseria Gaudí, nicht weit entfernt von der Sagrada Família, die für mich der Mittelpunkt der Stadt ist, um den sich alles dreht, verzichte ich auf die Tapas, diese legendären spanischen Vorspeisen und erfreue mich an Arroz negro con Sepia, schwarzem Reis, so dunkel wie die Nacht, die draußen bereits die Lichter ausgeschaltet hat.

Die Straßen rund um die Sagrada Família sind am katholischen Feiertag Mariä Empfängnis großräumig abgesperrt. Es fühlt sich an als wäre ganz Spanien, zumindest alle 1,6 Millionen Einwohner Barcelonas, unterwegs. Immerhin wird auch draußen Maske getragen. Alles wartet auf die Erleuchtung: Um 19:45 erstrahlen Turm und Stern im Dunkel der Nacht.

Eine russische Freundin ist zufällig auch in der Stadt und hat meinen Post bei Instagram gesehen und sofort reagiert. Danke an dieser Stelle für Social Media. Wir verabreden uns in der Hemingway Bar, einem kleinen, gemütlichen Trinksalon im Souterrain. Die Cocktailkreationen von Barmann David sind echte Kunstwerke. Der »Espresso Martini« kommt in einer Glaspfeife, der »Screw Stress have Sex« in einem langbeinigen Glas, der Picador im Chemiebaukastenlook, inklusive Trockeneisnebel. Die Stimmung ist ausgelassen, das Publikum international und es fühlt sich für einen Moment alles wieder so herrlich normal an. Natürlich 2G, ansonsten ist kein Einlass.

Wie Cinderella fühle ich mich, als ich kurz vor Mitternacht zurück im Hotel ankomme und gerade noch sehen kann, wie um Mitternacht das Licht des Marienturms und des Sterns der Sagrada Família ausgeschaltet wird.

Meine Wetter-App zeigt wolkenlosen Himmel und einen Sonnenaufgang gegen Viertel nach Acht. Also mäandere ich bereits seit acht Uhr um das sakrale Bauwerk herum, um nur bloß nicht die ersten Sonnenstrahlen zu verpassen. Klappt! Die morgendliche Lichtshow lässt das Prachtgebäude mal terrakottarot, dann leuchtend orange oder auch zartrosa aufleuchten. Von einer Seite sieht es aus wie eine Kleckerburg, die kleine Kinder mit Matsch am Strand bauen und dann wie das Hauptquartier der Sternenkrieger auf dem Planeten Tatooine.

Überall gibt es Ungewöhnliches zu entdecken, mal zieren Blumenbouquets Spitzen und Türme, mal ist ein Weihnachtsbaum zu erkennen, weiße Tauben, kräftige Pferde, ein Esel, Maria und Josef, biblische Szenen. Meine gebuchte Tour beginnt. Dann öffnen sich die Tore. Das Licht fällt durch tausende bunter Kirchenfenster in das Kirchengewölbe, das sich mit seinen 52 Säulen, die für 52 heilige Messen an 52 Sonntagen des Jahres stehen, dem Himmel entgegenstreckt. Halleluja! Eigentlich sollte die Unvollendete 2026 zum 100. Todestag Gaudis komplett fertiggestellt sein. Mit einem 172,5 Meter hohen Jesusturm, so hoch, dass er nicht nur den Montjuïc an Höhe überragt, sondern auch der höchste Kirchturm der Welt wäre. Doch die Corona-Pandemie machte dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung.

Meine Rechnung von 48 Stunden Erlebnistour hingegen geht auf. Auf zur Tapas & Wine Tour mit Fransesc, der mich von einer Bodega zur nächsten führt. In »La Plata« lerne ich, aus einer Art Schnabeltassenkaraffe Wein zu trinken, ohne, dass ein Tröpfchen daneben geht, dazu Pescadito frito. In der »Bodega Morilla« schmeckt der Wein aus dem Penedès besonders gut zum Käse und vom hervorragenden Olivenöl ergattere ich ein kleines Fläschchen für zu Hause. Die Kombination von fettem Fisch und Wermut spült sich wie von selbst im »Vidrios Cristale« die Kehle runter. Egal, wo und wie, Barcelona schmeckt immer ganz ausgezeichnet und hat mir definitiv wieder großen Appetit auf das Reisen gemacht.

Es wird Zeit. Zurück zum Flughafen. Einchecken, Security Check, Boarding. Rückflug.

Es tat so gut mal rauszukommen. Jetzt kann ich wieder die Füße stillhalten. Ich begebe mich freiwillig in die Quarantäne. Denn, wenn schon reisen in diesen Zeiten, dann immer nur mit Rücksichtnahme und allen erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen.

Bei einem kurzen Städtetrip gilt es, keine Zeit zu verschwenden. Um nicht in Warteschlangen vor Museen zu stehen, nicht am Ticketkauf für Ausflugsziele zu verzweifeln oder etwa kein Zeitfenster für den Besuch von städtischen Highlights ergattern zu können, bietet es sich an, das eine oder andere bereits im Voraus zu planen. Ich habe mir mein Programm ganz einfach mit der App von GetyourGuide zusammengestellt. Und sämtliche Tickets digital auf dem Handy geladen. Genauso wie meinen Impfnachweis und mein Flugticket.

Mehr spannende Infos findet ihr in unseren Reise-Tipps Barcelona.

Wir verraten euch, welche kostenlosen Sehenswürdigkeiten in Barcelona auf euch warten.

Das Cotton House Hotel in Barcelona ist unser Hoteltipp für einen Besuch in der Stadt.

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