Es ist nicht alles Gold, was glänzt: Kupferrohre für eine Custom-Wasserkühlung? - digitec

2022-03-18 03:23:36 By : Ms. Yita Yang

Acrylglasrohre und PETG in Custom-Wasserkühlungen sind für Anfänger: Ich versuche, Kupferrohre zu biegen. Ob das gut geht?

Kupferrohre sehen geil aus. Schon länger will ich eine Custom-Wasserkühlung damit bauen. Zum Glück braucht Kollege Simon Balissat einen neuen PC und ist zu faul, diesen selbst zusammenzuschrauben. Ich springe gerne in die Bresche – mit der Bedingung, die CPU-Wasserkühlung mit Kupferrohren bauen zu dürfen. Simon ist Feuer und Flamme. Sein PC soll einen besonderen Look haben – ohne RGB-Geblinke. Kupferrohre sind da genau der Blickfang, den ich ihm unterjubeln kann.

Zur Vorbereitung schaue ich mir Youtube-Tutorials an. Gemäss diesen Anleitungen brauche ich lediglich einen Rohrbieger und – irgendwie selbstverständlich – ein Kupferrohr. Beim Kupferrohr suche ich ziemlich lange, bis ich eines mit dem korrekten Aussendurchmesser finde. Es muss mit den Corsair-Fittings kompatibel sein, die ich noch von meinem letzten Build habe.

Den Rohrbieger besorge ich mir online. Da sich die Suche nach den Rohren hinzieht, ist der Bieger vorher da. Ich bin ungeduldig und probiere ihn gleich an einem Aluminiumrohr aus, das ich noch vom Sleeper-PC-Projekt rumliegen habe. Das hat einen Aussendurchmesser von acht Millimetern und ist damit mit meinem Rohrbieger kompatibel. Perfekt. Ich führe das Rohr ein und versuche, zu biegen. Das geht nicht so locker, wie ich mir das vorgestellt habe. Mit etwas Kraftaufwand gelingt es mir dennoch, eine schöne 90-Grad-Krümmung hinzukriegen. Beim Kupfer wird es sicher schwieriger, da das Material härter zu biegen ist.

In einem Baumarkt finde ich schliesslich ein Kupferrohr mit 12 Millimetern Durchmesser. Cool, endlich kann’s losgehen. Ich führe das Kupferrohr in den Bieger ein und beginne, zu biegen. Okay, es passiert gar nichts. Ich lege einen Zacken zu und versuche es mit voller Kraft. Nach einigen Sekunden macht es ratsch, das Kupferrohr fällt zu Boden und ich halte den Rohrbieger in zwei Teilen in den Händen.

Einer der zwei Stifte, die den Rohrbieger zusammenhalten, ist aus der Halterung gerutscht. Das Kupferrohr ist noch bolzengerade. Beim Versuch, den Bieger wieder zusammenzubauen stelle ich fest, dass das Verbindungsstück des Rohrbiegers verbogen ist. Immerhin das habe ich gebogen. Der Bieger ist hin. Jedes Mal, wenn ich versuche, etwas zu biegen, löst sich der Stift wieder.

Soll ich einen neuen Rohrbieger bestellen? Es ist kurz vor Weihnachten und ich möchte Simon den PC noch vor Heiligabend übergeben. Ich entscheide mich, bei den Kupferrohren zu bleiben. Statt diese zu biegen, verwende ich 90-Grad-Fittings. Damit das Ganze sauber aussieht, betreibe ich etwas Case Modding und baue eine Innenwand aus Acrylglas für das Gehäuse.

Nebst einigen Wasserkühlungskomponenten übernimmt Simon auch mein Define-R6-Gehäuse von Fractal Design. Ich kenne das Gehäuse bestens und weiss, dass sich die Innenwand rechts vom Mainboard vollständig mit vier Schrauben entfernen lässt. Das mache ich mir zunutze und passe ein Acrylglas ein, das ich etwas ins Gehäuseinnere verlege, damit ich einige Verläufe der Wasserkühlung dahinter verstecken kann.

Zuerst verbaue ich alle Komponenten – Mainboard mit Prozessor, Wasserblock, RAM und SSD sowie Radiator, Pumpe, Reservoir und Lüfter – im Gehäuse. So weiss ich, wo ich wieviel Platz habe und vor allem, wie weit ich die neue Rückwand ins Gehäuse versetzen kann. Ich besorge mir im Baumarkt eine fünf Millimeter dicke Acrylglasplatte und schneide sie mit einem Dremel zu. Ich muss eine kleine Aussparung für die Netzteilabdeckung machen und unterhalb des Lüfters etwas mehr Material lassen, damit ich Löcher in die Rückwand bohren kann. In diese Löcher kommen sogenannte Schottverschraubungen (auch: Passthrough-Fittings). Damit kann ich die Verläufe der Wasserkühlung von der Vorder- auf die Rückseite der Innenwand führen.

Damit die Innenwand exakt verbaut ist, drucke ich mit meinem 3D-Drucker massgenaue Winkel, die ich an den Löchern der ursprünglichen Innenwand anbringe.

Den Loop der Wasserkühlung mache ich folgendermassen: Von der Pumpe geht’s direkt auf die Rückseite der Innenwand. Von dort führt eine Softtube auf eine weitere Schottverschraubung auf der Höhe des Einlass-Ports des CPU-Wasserblocks. Auf der Vorderseite geht’s auf den CPU-Block. Von dort geht’s zurück auf die Innenwand und auf deren Rückseite mit einer Softtube etwas nach rechts unten in eine Schottverschraubung. Auf der Vorderseite geht’s in den Radiator und von dort schliesslich ins Reservoir und die Pumpe.

Dank einem Rohrschneider und Entgrater, die ich sonst für PETG-Rohre verwende, geht das Ganze sehr schnell. Innerhalb von einer Stunde habe ich alle Rohre beisammen. Bevor ich sie aber definitiv verbaue, poliere ich sie mit einer Essig-Wasserlösung. Weiter sprühe ich die Innenwand und die Kämme der RAM schwarz, so kommen die Rohre noch besser zur Geltung. Einige Akzente der Grafikkarte bekommen einen Kupferanstrich und fertig ist Simons Kupferbuild.

Der Kupferbuild hat mir echt Spass gemacht. Mit Kupferrohren zu arbeiten, ist erstaunlich einfach und die Dinger sind dabei auch noch günstig: Knapp zehn Franken habe ich für zweieinhalb Meter Rohr bezahlt – und habe noch etwa einen Meter übrig. Zugegeben: Die 90-Grad-Fittings machen den Preisvorteil wieder zunichte, dafür haben die Kupferrohre viel mehr Style als PMMA oder PETG.

Und Simon? Der ist jetzt auch voll begeistert. Es blinkt nichts und trotzdem glänzt das Kupfer. Er wollte sogar einen dezenten LED-Strip mit neutralem Licht im Innenraum verbauen, damit man die Rohre besser sieht. Manchmal ist doch alles Gold, was glänzt.

Auch wenn ich mit dem Build zufrieden bin, lässt es mich nicht los, dass es mir nicht gelungen ist, die Rohre zu biegen. Ich versuch’s wieder. Sehr wahrscheinlich reicht es, wenn ich die Rohre mit Sand fülle und sie über eine runde Fläche biege. Dann gibt’s pro Rohr aber wohl nur eine Krümmung. Falls du einen Tipp hast, nehme ich ihn gerne entgegen.

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