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2022-09-09 21:26:44 By : Ms. Maggie Wang

Vorsichtig hebt Heiner Grieb den Deckel des blutig roten Kelchs. Fixieren oder nicht fixieren? Das ist hier die Frage - eine von vielen Fragen, die der für Kunsthandwerk und historische Waffen zuständige Restaurator der Kunstsammlungen beim Aufbau der Glaspreis-Ausstellung beantworten muss.

Schließlich sollen die Objekte gut zugänglich für das Publikum präsentiert werden - und müssen doch zugleich möglichst sicher aufgestellt sein, wie dieser verstörend rote Kelch. Er ist Teil der Installation "Blood of Thine" der irischen Glaskünstlerin Sadhbh Mowlds.

Rund 100 Objekte wird die Preisträger-Ausstellung umfassen, erklärt Sven Hauschke als Direktor der Kunstsammlungen. Für rund 70 bis 75 davon "brauchen wir individuelle Lösungen". Das Objekt auf einen Sockel stellen, Beschriftung hinzufügen und beleuchten - so einfach ist es in den meisten Fällen nicht.

Mal braucht ein von innen beleuchtetes Objekt einen möglichst unsichtbar bleibenden Stromanschluss. Mal müssen vier betagte Overhead-Projektoren, die Teil einer spannenden Installation sind, mit Strom versorgt werden. "2000 Watt", rechnet Hauschke den Strombedarf für diese Installation vor - denn die Projekten stammen aus einer Zeit, in der das Thema Energiesparen noch ganz und gar kein Thema war. Glas ist ein sehr fragiler Werkstoff.

Das wird bei künstlerisch gestalteten Glasobjekten besonders deutlich - bei der Entstehung im Atelier natürlich besonders, aber anschließend auch beim Transport und beim Aufstellen in einer Ausstellung. Bei vielen Objekten auch bei der aktuell im Aufbau befindlichen Ausstellung zum Coburger Glaspreis kann der Betrachter ins Grübeln geraten - ins Grübeln darüber, wie ein spezielles Objekt denn ohne Beschädigung überhaupt aufgebaut werden konnte.

Präzisionsarbeit und Fingerspitzengefühl ist gefragt beim Aufbau. Besonders große Vorsicht musste Restaurator Heiner Grieb auch bei einem vielteiligen Objekt der japanischen Künstlerin Masami Hirohata walten lassen: "Das große Rasenstück - nach Dürer". Denn diese Lampenglasarbeit aus Borosilikatglas und Epoxidharz besitzt einzelne Teil mit derart dünn gezogenen Glasfäden, dass diese Glasfäden schon bei einem kräftigen Luftzug in Schwingungen geraten können.

Wenn die Objekte unversehrt ausgepackt auf der Veste angekommen sind, ist schon vielgeschafft im Vorfeld der Ausstellung. Denn die rund 150 Meter lange Rampe aus Kopfsteinpflaster, die unmittelbar hinauf zum Burghof führt, "ist eine Katastrophe", sagt Hauschke.

"Wenn ein Objekt steht, sieht's einfach aus", weiß Hauschke. Doch der Weg dorthin ist weit. Die auf die Exponate individuell zugeschnittene Lösung gelingt nur als Teamarbeit - Teamarbeit zwischen Kurator, Restaurator, Beleuchter und den erfahrenen Mitarbeitern, die beim Transport der oft gewichtigen Objekte mit großer Vorsicht helfen: "Es gibt kaum eine Abteilung der Kunstsammlungen, die nicht in irgendeiner Weise am Aufbau beteiligt ist."

Das kleinste Objekt der Ausstellung stammt von Mathieu Grodet. Es misst nur rund zwei Zentimeter in der Höhe und zweieinhalb Zentimeter in der Breite. In winzigen Buchstaben trägt Godets "Rise Like Lions" ein ganzes Gedicht in sich. Damit dieses Objekt ins Auge fällt, wird es von einem besonders hohen Glassturz gekrönt und beschützt - und mittig ganz vorne am zentralen Gang der Cafeteria gezeigt. Hier werden insgesamt rund zwei Dutzend Exponate präsentiert - ein Viertel der gesamten Ausstellung.

Relativ einfach zu platzieren war eine Arbeit von Anna Carlgren - ein interaktives Objekt mit Glasprismen, durch das die Besucher von allen Seiten blicken können, zudem vor einem riesigen Spiegel an der Kopfseite des Raum aufgehängt. "Das wird ein Selfie-Spot", ist sich Hauschke schon jetzt sicher. Bis zur offiziellen Eröffnung am 10. April aber sind noch einige Wochen Zeit - Zeit genug, um die noch nicht aufgestellten Objekte passend zu platzieren und ins richtige Licht zu rücken.

Ausstellung Der Ausschreibung zum Coburger Glaspreis 2022 folgten rund 400 internationale Künstlerinnen und Künstler aus 30 Ländern. Die siebenköpfige Jury prüfte über 700 Objekte und wählte rund 100 Werke von 89 Künstlerinnen und Künstlern aus 22 Ländern aus. Die Objekte sind vom 10. April bis 25. September auf der Veste und im Europäischen Museum für Modernes Glas in Rödental zu sehen.

Geschichte des Glaspreises Im Jahr 1977 wurde in Coburg der erste offene Wettbewerb für Modernes Glas in Europa ausgerichtet. Die Resonanz auf den europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb und die Ausstellung machten Coburg schlagartig zu einem Zentrum für moderne Kunst aus Glas. Nach dem erfolgreichen 2. Coburger Glaspreis 1985 wurde für die stark gewachsene Sammlung 1989 im Park

Rosenau das Museum für Modernes Glas eingerichtet. Mit dem 3. Coburger Glaspreis 2006 setzten Wettbewerb und Ausstellung wichtige Impulse. In der Folge errichtete eine von Otto Waldrich gegründete und von ihm finanziell wesentlich ausgestattete Stiftung einen Neubau für die moderne Coburger Glassammlung. Das Europäische Museum für Modernes Glas wurde 2008 eröffnet. Der letzte Coburger

Glaspreis wurde 2014 in Verbindung mit der Alexander Tutsek-Stiftung ausgerichtet und präsentierte sich erstmals an zwei Standorten: auf der Veste Coburg und dem Europäischen Museum für Modernes Glas in Rödental. Gezeigt wurden insgesamt 170 Arbeiten von 150 Künstlern aus 26 Nationen, Insgesamt gut 25000 Besucher machten die Ausstellung im Jahr 2014 zu einem großen Publikumserfolg.red

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