Statt Heizöl heiße Luft im Tank - Hamburger Abendblatt

2022-09-09 21:25:26 By : Ms. Helen Yu

Betrug beim Füllen des Tanks. Manipulationen machen es möglich. Die Tricks und wie sich Verbraucher schützen können. Hamburg/Düsseldorf

Der frostige Winter hat so manchen Heizöltank schneller geleert als geplant. Wer in dem Fall nicht noch wochenlang im Kalten sitzen will, muss auch bei den derzeit hohen Preisen nachbestellen. Umso ärgerlicher, wenn dann noch jede Menge heiße Luft statt Heizöl in den Tank läuft - und das Zählwerk am Tankwagen trotzdem munter weiterläuft. Das ist den deutschen Eichämtern zufolge keine Seltenheit. In Nordrhein-Westfalen hat das Eichamt bei Stichproben Mitte Januar an 25 überprüften Tankwagen nicht weniger als 24 mangelhafte Messanlagen entdeckt, von denen zwei gezielt manipuliert waren. Auch in anderen Bundesländern stoßen die Experten regelmäßig auf schwarze Schafe. "In Hamburg hat es auch schon einzelne Betrugsfälle gegeben", sagte Volkmar Siegemund vom Hamburger Eichamt dem Abendblatt. "Eine Schwerpunktaktion wie in Nordrhein-Westfalen haben wir zwar noch nicht durchgeführt", warnt er. Sie seien für die Zukunft jedoch nicht auszuschließen. Das Ausmaß von Betrügereien in Hamburg sei schwer abzuschätzen, meint auch Helmut Gumtau, Energieberater der Verbraucher-Zentrale Hamburg. "Wir haben jährlich nur drei bis vier Beschwerden." Aber die meisten Tricks seien für den Laien auch nur sehr schwer nachzuweisen, ergänzt Siegemund. Denn zum Teil gehen die Heizölbetrüger mit ausgefeilten Tricks zu Werke: So wurde in Nordrhein-Westfalen ein Fahrer erwischt, der die Messuhr an seinem Tankwagen mit Hilfe eines Funkgeräts schneller laufen ließ. Ergebnis: Auf der Messuhr - und auf der Rechnung - standen einige Hundert Liter mehr, als tatsächlich in den Tank des Kunden geflossen waren. "Die Messgeräte funktionieren längst nicht mehr nur mechanisch, sondern mit elektronischen Zählimpulsen. Da ist so etwas möglich", sagt Siegemund. Andere Fahrer pumpen einen Teil der bereits gemessenen Ölmenge durch einen kleinen, versteckten Schlauch in den Tankwagen zurück. Bekannt sind auch illegale Spezialschläuche, die beim Pumpen mehr Luft als Brennstoff transportieren. Nach einer Schätzung der Eichbehörden kann ein Lieferant allein mit dieser Methode leicht 10 000 Euro pro Monat erschwindeln. "Die Tankwagen müssen alle zwei Jahre zur Kontrolle. Dann gucken wir systematisch nach Hinweisen auf Manipulationen - etwa gequetschte Rohre oder Schweiß- oder Werkzeugspuren an den Messgeräten", so Siegemund. Dennoch sind gerade die Messgeräte an den Tankwagen vor Manipulationen nicht gefeit, weiß Dietmar Breuer, Leiter des bayerischen Landesamts für Maß und Gewicht: "Die kriminelle Energie ist zum Teil sehr hoch. Vor allem Eigentümergemeinschaften und Hausverwaltungen werden weit häufiger als einzelne Privatkunden übers Ohr gehauen." Ein großes Problem ist laut Fritz Steinkämper, Sprecher des Landesbetriebs Mess- und Eichwesen Nordrhein-Westfalen, die Vielzahl der zugelassenen Geräte: "Es gibt so viele Manipulationsmethoden, wie es Messuhren gibt." Die Behörden haben jedoch zu wenig Personal, um jedem Öllieferanten auf die Finger zu schauen. "Deshalb sind wir auf Stichproben und vor allem auf gezielte Hinweise angewiesen", erläutert Dieter Baumgarten, Leiter des Eichamts Berlin. "Leider merken die meisten Leute gar nicht, dass sie über den Tisch gezogen wurden." Dennoch können sich die Verbraucher schon schützen. Denn in manchen Fällen arbeiten die schwarzen Schafe unter den Heizöllieferanten auch mit denkbar einfachen Methoden. "Die Kunden sollten stets prüfen, dass die Tankuhr auch bei null anfängt zu zählen", rät Helmut Gumtau von der Verbraucher-Zentrale. Der Trick: Ein Lappen oder die Jacke des Fahrers wird wie zufällig über die Messuhr geworfen, damit der Kunde sie nicht sehen kann. Die Uhr ist aber nicht auf null gestellt, sondern zeigt schon vor dem Pumpen einen Stand von 300 Litern an. Ist der Zähler erst einmal angelaufen, ist es zu spät - und der Kunde bezahlt bei einem Preis von rund 30 Cent pro Liter 90 Euro zu viel. Der Kunde sollte deshalb immer neben dem Fahrer stehen und aufpassen, raten die Eichämter. Zudem sollte man im Schauglas am Tankwagen prüfen, dass das Öl ohne Luftblasen gepumpt wird. Denn wird der so genannte Luftmessverhüter manipuliert, kann der Fahrer Luft durch den Schlauch schicken, ohne dass sich die Pumpe automatisch abstellt. Zudem sollten Kunden am Ende stets kontrollieren, dass der Zählerstand des Tankwagens mit der Rechnung übereinstimmt. Ist der Tankwagen erst abgefahren, ist ein Betrug kaum noch nachzuweisen.

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